Am Anfang war eine Idee – die Idee, für obdachlose Menschen und alle, die es nötig haben, ein warmes Essen zu kochen. Was für ein absurder Gedanke, dachten wir, denn immerhin leben wir hier in Wannsee! Da ist so ein Angebot überflüssig.
Doch dann wurden wir eines Besseren belehrt. Während eines Gemeindeseminars kam um die Mittagszeit ein Mann zu uns, der fragte, ob er einen Teller Suppe bekommen könnte, er hätte seit drei Tagen nichts gegessen.
Das war das Startsignal für uns. Alle Skepsis und Unsicherheit waren verflogen. Für uns war das ein Wink, auf den wir wohl unbewusst gewartet hatten. Sofort begannen wir mit der Planung, waren uns aber bewusst, dass wir das alleine nicht würden stemmen können. Angesichts unserer schon gut funktionierenden Ökumene, traten mit unserer Idee an die evangelische und die katholische Kirchengemeinde heran und stießen auf große Begeisterung und die Bereitschaft, sich an dem Projekt zu beteiligen. Gemeinsam überlegten wir, wie wir die Lebensmittel beschaffen sollten, die wir für das Mittagessen brauchten. Unser EDEKA-Markt in Wannsee hatte uns schon bei anderen Gelegenheiten unterstützt, und unsere Idee fand bei dem Marktleiter großen Anklang. (Später kam dann noch der ALDI-Markt dazu.) Wir vereinbarten, die Lebensmittel, die sonst an die Tafel weitergegeben werden, an diesem einen Tag abzuholen.
Am 3. November 2015 war es dann soweit. Gemeinsam mit vielen Helferinnen bereiteten wir unsere erste Mahlzeit zu. Und es kamen – 3 Gäste! Doch das konnte uns nicht entmutigen. Beim zweiten Mal waren es 12 und am Ende der Saison schon mehr als 30.
Im Laufe der Jahre haben viele fleißige Hände in unserer Küche mitgewerkelt, manche für eine Saison, andere für zwei oder drei, doch seit Corona können wir uns über einen festen Stamm von Mitarbeitenden freuen, die verlässlich dabei sind. Mittlerweile hat auch jeder und jede seinen Platz gefunden, ob bei der Abholung der Lebensmittel bei ALDI oder EDEKA, beim Kartoffelschälen, bei der Zubereitung von Salat, Quarkspeise oder Obstsalat – die gespendeten Lebensmittel werden nacheinander verarbeitet.
Unsere Gäste kommen gern zu uns. Sie mögen die Atmosphäre bei uns, sie mögen es, an den hübsch mit Blumen und Servietten gedeckten Tischen zu sitzen, sie mögen es, in Gemeinschaft zu essen, denn manche Gäste sind, seit sie zu uns gekommen sind, an jedem Dienstag am selben Platz zu finden. Die meisten sind pünktlich um 12 Uhr da und lassen sich um 13:30 Uhr nur schwer bewegen, unsere Räume wieder zu verlassen. Und unser Essen ist auch nicht das schlechteste, wie uns immer wieder versichert wird.
Vieles ist in den vergangenen 10 Jahren entstanden. Wir kennen einen großen Teil unserer Gäste, Vertrauen ist gewachsen, und nicht selten geschieht es, dass einige von ihnen uns ihre Sorgen und Probleme anvertrauen. Das freut uns, und wir fühlen uns beschenkt.
In dieser Saison feiern wir nicht nur unser zehnjähriges Jubiläum, zum ersten Mal durften wir mehr als 1.000 Gäste bewirten, 1.049, um genau zu sein.
Auch wenn der Aufwand groß ist und wir am Dienstag Vormittag richtig ackern, um ein leckeres Essen auf den Tisch zu bekommen, fühlen wir selbst uns durch diese Arbeit bereichert. Müde, aber zufrieden, kehren wir dann nach Hause zurück.
Unsere Hoffnung ist, dass wir auch in der kommenden Saison wieder voll durchstarten können und viele von unseren Gästen wiedersehen.

Eva Weyandt.